Die Cartoonlobby bei einer Anhörung des Abgeordnetenhauses von Berlin

 

Am 18. April 2016 gab es auf Antrag der SPD und CDU- Fraktion eine Anhörung zum Thema "Situation der politischen Karikatur und ihrer Präsenz in Berlin" vor dem Ausschuss für kulturelle Angelegenheiten des Abgeordnetenhauses von Berlin. Der Geschäftsführer des Verbandes Cartoonlobby Andreas Nicolai konnte dort in einem 5 minütigen Vortrag die Anliegen des Vereins vorbringen. Schwerpunkt dabei war die Vision eines ständigen Forums für politische Karikatur und des zeitkritische Cartoons in Berlin. Die anschließende Diskussion brachte neue Impulse und Vorschläge für dessen Verwirklichung. Abschließend kann festgestellt werden, dass die Bemühungen des Verbandes seine Anliegen öffentlich zu machen, sehr erfolgreich waren. Mit dabei war ebenfalls der Vorstandsvorsitzende des Verbandes Philipp Heinisch und der Cartoonlobbyist Harald Kretzschmar als Anzuörender auf Antrag der Fraktion Die Linke.


Hier die Rede zur Anhörung vom Geschäftsführer im Wortlaut:

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich ganz herzlich für die Einladung zur Anhörung.

Das vergangene Jahr und die derzeitigen Diskussionen in der Öffentlichkeit und in den Medien haben immer wieder die Frage aufgeworfen: Was darf Satire? … Und diese wurde mehr oder weniger schlecht und recht beantwortet.

Wenn dieser Diskurs eines immer wieder verdeutlicht hat, dann die Tatsache dass nur unzureichend klar ist:

Was ist eigentlich Satire?

Welche Rolle spielt sie in unserer Gesellschaft? Welche Aufgaben hat sie in unserer Medienwelt? Wo liegen ihre historischen Wurzeln und in welcher Werte-Tradition ist diese verankert?

Die Staatsministerin für Kultur und Medien hat dies zu unserer Imagebroschüre … die wir ihnen schon vorab gereicht haben … treffend formuliert: " ... Cartoons und Karikaturen sind nicht nur eigenständige Kunstformen – sondern haben sich hierzulande als geschätzte Impulsgeber einer demokratischen Debattenkultur etabliert. ..." In Diskussionen auf die Bedeutung - auch der „Komischen Künste“, der Satire - aufmerksam zu machen , ist ein wichtiger Beitrag zur Verteidigung der Kunstfreiheit.

Nun … das muss aber erst einmal in das Bewusstsein unserer Gesellschaft vordringen. Diese Bedeutung für unsere Kultur und Kommunikation muss erst einmal aufgezeigt und vermittelt werden.

Das hat sich unser bundesweiter Verband Cartoonlobby zur Aufgabe gemacht … da herrscht noch großes Defizit (besonders in Deutschland … bei unseren Nachbarn ist das teilweise ganz anders).

Immerhin ... die Bemühungen um Anerkennung und Förderung der ebenso gern belächelten Schwester-Kunstsparte Comic waren jüngst einen Aprilscherz in der Presse wert: Comics im Humboldt Forum … was für ein Brüller!

Aber warum eigentlich nicht? Was wäre so abwegig daran Kunstformen wie Cartoon, Karikatur, kritische Grafik und dem ebenfalls populären Comic eine exorbitante Plattform in der Kulturlandschaft der Hauptstadt einzuräumen?

Stellen wir unsere Visionen eines Forums der Komischen Künste vor … treffen wir meist zurecht auf die ungläubige Frage: Und so was gibt es nicht schon in Berlin?

Nein schon lange nicht mehr – auch deutschlandweit sind es nur ca. 7 Einrichtungen mit unterschiedlichen Schwerpunkten die ständig diese speziellen Kunstgenres präsentieren und sich mit diesen auseinandersetzen.Unser vorläufiges Cartoonmuseum in Luckau ist die einzige Einrichtung dieser Art in der Region … die nächste wäre das Wilhelm Busch Museum in Hannover. Das ist ein hervorragendes Alleinstellungsmerkmal … besonders im Vergleich zu Tausenden von Galerien und Museen der bildenden und zeitgenössischen Kunst.

Aber ich ahne schon die Frage: Warum zeigt die Cartoonlobby nicht dort ihre Projekte – wenn sie das für Kunst hält? Macht sie ja! ... Diverse vor allem thematische Projekte sind in der Vergangenheit für andere Kulturträger konzipiert worden ... aber vergleichsweise nur wenige Institutionen sind bereit und interessiert diese Genre bei sich zu zeigen, als hätte man Angst die heiligen Kunsttempel werden entweiht.

Damit sind wir wieder zurück beim Kern-Anliegen … denn 2008 haben sich Karikaturisten, Cartoonisten und Macher der Branche als Lobby in eigener Sache zusammengefunden. Dies um die Gesellschaft für die Bedeutung ihrer künstlerischen Tätigkeit zu sensibilisieren … um für deren Anerkennung zu werben.

Eine ausreichende und effiziente Wahrnehmung ist aber nur mit strategisch-inhaltlicher Arbeit und dauerhafter Präsenz in der Öffentlichkeit zu erreichen. Nicht nur mit vereinzelten Projekten und Gastspielen in anderen Häusern. Dafür braucht es ein eigenes Forum an wichtigem Ort. Und das stünde dem „Politischen Berlin“ auch gut zu Gesicht.

Ich bin heute hier, um Sie davon zu überzeugen, dass Berlin, … die Zeichnerinnen und Zeichner ein solches Podium brauchen. Ich will unser Anliegen erst einmal öffentlich machen und mit Ihnen gemeinsam überlegen wo und wie dies realisierbar wäre. Ich hoffe ich kann Sie begeistern und viele Fürsprecher unter Ihnen finden.

Berlin blickt auf fast drei Jahrhunderte Tradition von gezeichnetem Humor und Satire zurück. Auch heute leben und arbeiten hier deutschlandweit die meisten Zeichnerinnen und Zeichner der komischen Zunft. Neben echten Klassikern findet man hier auch eine aktive und breite Nachwuchsszene. Berlin ist Ursprung vieler Satireblätter gewesen. Deren Schicksal, ihre politische Entwicklung - wie auch die Biografien der Karikaturisten und ihre Werke – sind eng mit der Gesellschaft verbunden … und spiegeln anschaulich Zeitgeschichte in Berlin und Deutschland wieder.

Dieses satirische Kuturerbe zu pflegen und zu bewahren ist ein grundsätzliches Anliegen der Cartoonlobby. Rund 25.ooo originalgrafischen Blätter der Sammlung – Einzelarbeiten bis hin zu gesamten Lebenswerken von bedeutenden Klassikern der Karikatur – sind an unsere unlängst gegründete „Stiftung Museen für Humor und Satire“ gegangen. Zusammen mit der umfangreichen Fachbibliothek und dem Archiv. Diese bilden das Sachvermögen der gemeinnützigen Stiftung, die auf Empfang von Spenden und Zuwendungen ausgerichtet ist.

Natürlich haben auch schon andere vor uns damit begonnen, Karikaturen für die Nachwelt zu erhalten. Aber die Geschichte der Karikatur und ihrer Protagonisten ist hier nirgendwo in ihrer Gesamtheit dokumentiert oder präsent. Das können Häuser, die noch wesentlich andere Aufgaben und Leitbilder haben, natürlich nicht ausreichend leisten … nur eine Einrichtung mit dieser speziellen inhaltlichen Ausrichtung.

Die Verbandsmitglieder aus ganz Deutschland, setzen hohe Erwartungen an unsere Arbeit unter Ihnen sind natürlich auch Klassiker aus dem ehemaligen Westberlin. Diese sehen ebenfalls gern ihr Lebenswerk in der Sammlung. Da kommt noch eine Menge Arbeit auf uns zu.

Wir wollen aber auch in der „Gegenwart“ ankommen und uns in aktuelle gesellschaftliche Debatten einbringen. Deshalb braucht es neben den Dauerausstellungen zur Geschichte der Karikatur und deren Klassikern ... auch Sonderausstellungsflächen zum Schaffen der aktuellen Cartoonszene und Zeitthemen. Schnell landet man erfahrungsgemäß bei 800-1000 m² möchte man alle Vorstellungen an einem Ort verwirklichen. Andere Konstellationen sind sicher denkbar und eine Integration in andere Einrichtungen möglich - wenn die Konzepte zueinander passen.

Die Auseinandersetzung, um die Grenzen von Satire und der sogenannte „Karikaturenstreit“ werden uns noch eine Weile begleiten, besonders … wo im Zuge der Globalisierung immer wieder unterschiedlichste Kulturen und Wertevorstellungen aufeinandertreffen.

Schön - wenn man dann weiß worüber man spricht … das wollen wir mit einer dauerhaften Präsenz der politischen Karikatur und des zeitkritischen Cartoons in Berlin erreichen. …

Lassen Sie uns gemeinsam überlegen wo der zukünftige Standort wäre – wer unsere potentiellen Partner sein könnten!